Home / Unser Projekt / Projektaktivitäten / DSA erinnert goes Berlin
06.-12.06.2022 DSA erinnert goes Berlin
Lange mussten die SchülerInnen der neuen DSA erinnert Projektgruppe auf die Berlinreise warten. Die Pandemie machte Schulausflüge zwei Jahre praktisch unmöglich. Im Juni 2022 war es dann endlich so weit. In den folgenden sieben Berichten beschreiben die SchülerInnen ihre unvergesslichen Erlebnisse und Eindrücken der Fahrt.
07.06.2022 Workshop an der Gedenk- und Bildungsstätte Haus der Wannsee-Konferenz
Dienstag der 7. Juni 2022, unser erster “richtiger” Tag in Berlin. Er begann damit, dass wir uns auf den Weg zum Haus der Wannsee-Konferenz gemacht haben. Das malerische Anwesen am Wannsee ist heute ein zentraler Gedenkort zur Erinnerung an die Opfer des Holocaust, Museum und Bildungsstätte. Über unseren Besuch und unsere Eindrücke in der Gedenk- und Bildungsstätte berichtet Constanze:
✎ Beitrag: Constanze Hölscher
Workshop in der Gedenk- und Bildungsstätte - Haus der Wannseekonferenz 07.06.2022
Vor genau 80 Jahren, am 20 Januar 1942 fand in diesem Haus eine streng geheime Besprechung zur Planung und Koordination des systematischen Völkermordes an jüdischen Menschen in ganz Europa statt. Dieses Treffen wurde von Reinhard Heydrich organisiert und insgesamt 15 hochrangigen Vertreter der nationalsozialistischen Regierung nahmen daran teil.
Die meisten von uns hatten noch nicht viel von der Wannsee-Konferenz gehört und waren dementsprechend interessiert den Ort und natürlich die Geschichte dahinter, kennenzulernen. Eine Gedenkstätte zu besuchen ist immer besonders spannend, weshalb wir uns sehr auf den Workshop freuten.
Bildquelle: DSA erinnert Berlinreise 2022, Workshop in der Gedenk- und Bidlungsstätte Haus der Wannseekonferenz, Fotoarchiv „DSA erinnert“
Um nach Wannsee, einen Stadtteil von Steglitz-Zehlendorf in West-Berlin, zu kommen, sind wir von Tiergarten aus mit der S1 nach Wannsee gefahren um anschließend in den 114er Bus zu steigen. Nach einer kurzen Fahrt vorbei an Bootsvereinen, Waldabschnitten und schicken Villen, ist unsere Gruppe, zusammen mit anderen Touristen, am Haus der Wannsee-Konferenz eingetroffen.
Das Haus der Wannsee-Konferenz hat einen großen, wunderschönen Garten und liegt mit direkter Sicht am Großen Wannsee. Die idyllische Lage des Hauses in einem Ort mit Wäldern und ruhigen Seen steht in großem Kontrast zu den erschütternden Besprechungen und den daraus resultierenden Verbrechen gegen die Menschlichkeit, die hier erörtert wurden. Beim Betreten des Grundstückes haben Besucher*innen ein mulmiges Gefühl und es geht einem immer wieder durch den Kopf: “Hier? An solch einem wunderschönen Ort wurde, vor nicht einmal 100 Jahren, ein Massenmord an Millionen Menschen geplant?”
Bildquelle: DSA erinnert, Berlinreise 2022 Workshop in der Gedenk- und Bidlungsstätte Haus der Wannseekonferenz, Fotoarchiv „DSA erinnert“
Im Eingang des Gebäudes wurden wir von Herrn Jan Beckmann, einem Mitarbeiter und Historiker des Hauses, begrüßt und in einen Seminarraum im ersten Stock geführt, in dem der Workshop stattfand. Das Thema unseres Workshops war eine kritische Auseinandersetzung mit dem Protokoll der Wannsee-Konferenz.
Der Raum in dem wir den Vormittag verbrachten, war mit viel lehr- und aufschlussreichen Anschauungsmaterial, Schaubildern und historischen Karten an den Wänden ausgestattet, darunter eine Liste der Teilnehmer an der Wannseekonferenz und eine sehr beeindruckende Landkarte Europas, welche den Anteil der jüdischen Bevölkerung jedes europäischen Landes im Jahr 1933, also am Beginn der NS-Gewaltherrschaft und an dessen Ende im Jahr 1945 dokumentierte.
Bildquelle: DSA erinnert, Berlinreise 2022 Workshop in der Gedenk- und Bidlungsstätte Haus der Wannseekonferenz, Fotoarchiv „DSA erinnert“
Zu Beginn des Workshops führte uns Herr Beckmann allgemein in das Thema der Diskriminierung, Entrechtung und Ausgrenzung jüdischer Mitmenschen in Deutschland in der Zeit zwischen 1933 und 1939, also vor dem Ausbruch des 2. Weltkrieges, ein. Einen Aspekt, den ich besonders interessant fand, war die unglaublich rasche Etablierung des NS-Regimes im Jahr 1933, die einherging mit einer sukzessiven Beseitigung des Rechtsstaates. Der NS-Staat missbrauchte das Recht, um Gewalt und Terror gegenüber Andersdenkenden und gemäß der NS-Rassenideologie aus der Volksgemeinschaft ausgeschlossenen Bevölkerungsgruppen “nachträglich” zu legitimieren, wie beispielsweise die Nürnberger Gesetze im Jahr 1935. Es war ein sehr intensives Gespräch, das uns betroffen machte, da Herr Beckmann auch Schicksale einzelner Personen schilderte und aktiv auf unsere Fragen und Gedanken einging.
Bildquelle: DSA erinnert Berlinreise 2022 Workshop in der Gedenk- und Bidlungsstätte Haus der Wannseekonferenz, Fotoarchiv „DSA erinnert“
Die Dauerausstellung befindet sich im Erdgeschoss des Hauses der Wannsee-Konferenz und bietet genaue Einblicke in die Ausgrenzung, Verfolgung, Deportation und Ermordung von Jüdinnen und Juden in den Konzentrationslagern, natürlich immer mit einem deutlichen Bezug zur Wannseekonferenz. Sehr berührt haben uns alle die Ton- und Videoinstallationen “Stimmen der Verfolgten”, in welchem sich Besucherinnen und Besucher die Lebensgeschichten und Schicksale verfolgter Menschen anhören konnten.
Unser Workshop endete nach drei für uns sehr aufschlussreichen Stunden und unsere Schülergruppe machte sich auf den Weg zur Spreeschifffahrt. Die intensive Erfahrung mit diesem dunkeln und grausamen Kapitel der deutschen Geschichte war auch beklemmend und machte uns alle sehr nachdenklich. Die Ausstellung dokumentiert, wozu ein Staat, Vertreter staatlicher Einrichtungen und jeder einzelne Mensch fähig sind. Es war ein schockierender Blick in die Abgründe der Menschheit. Selbst heute nach 80 Jahren, stellen wir uns die Fragen, warum das alles geschehen konnte, weshalb Menschen zu solchen Verbrechen fähig sind und wie wir es in Zukunft schaffen können in einer friedlichen Welt zu leben?
Bildquelle: DSA erinnert Berlinreise 2022, Workshop in der Gedenk- und Bidlungsstätte Haus der Wannseekonferenz, Fotoarchiv „DSA erinnert“
08.06.2022 Recherche im Archiv des Auswärtigen Amtes
Am 8. Juni 2022 hatten wir die Ehre uns im Auswärtigen Amtes in Berlin mit Frau Michaela Küchler zu treffen und im Anschluss im politischen Archiv des Auswärtigen Amtes zur Schulgeschichte der DSA in der NS-Zeit zu recherchieren. Über unseren Besuch berichtet Nikos.
✎ Beitrag: Nikolaos Adamakos
Recherche im politischen Archiv des Auswärtigen Amtes und Treffen mit der Sonderbeauftragten für Beziehungen zu jüdischen Organisationen, Holocaust-Erinnerung, Antisemitismus, Antiziganismus Frau Michaela Küchler im Auswärtigen Amt: 08.06.2022
Im Rahmen unserer Berlinreise, hatten wir, neben den Begegnungen mit gleichaltrigen Jugendlichen auch die Gelegenheit uns mit bedeutenden Persönlichkeiten aus den Bereichen der Politik und Wissenschaft zu treffen. So hatten wir auch im politischen Archiv des Auswärtigen Amtes neben unserer Recherchetätigkeit zur Schulgeschichte der DSA in der NS-Zeit auch die Ehre uns mit der Sonderbeauftragten des Auswärtigen Amtes, Frau Küchler zu treffen. Eine Begegnung, die ohne die Bemühungen von Frau Astrid Stefani, Stellv. Fachbereichsleitung, für das Alumni-Netzwerk und Partnerschulinitiative der Zentralstelle für Auslandsschulwesen, so nicht möglich gewesen wäre. Daher begann der Besuch im politischen Archiv mit dem herzlichen Empfang unserer Gruppe durch Frau Stefani, die uns zunächst mit dem Paternoster, dem „Personenumlaufaufzugs“, so die offizielle Bezeichnung, in den 6. Stock des Gebäudes des Auswärtigen Amtes brachte. Dort befindet sich die Diplomatenkantine, die viele internationale Speisen anbietet und den Ruf einer ausgezeichneten Küche besitzt. Unsere Gruppe durfte sich also zunächst einmal ein kulinarisches Vergnügen im diplomatischen Ambiente der Kantine gönnen und im Anschluss daran zeigte uns Frau Stefani auch noch die berühmte Dachterrasse des Auswärtigen Amtes, die einen atemberaubenden Blick über die Stadt Berlin bot.
Bildquelle: DSA erinnert Berlinreise 2022 Auswärtiges Amt, Juni 2022, Fotoarchiv“ DSA erinnert“
Nach dem Essen ging es wieder runter mit dem Paternoster in die Kelleretagen des politischen Archivs, in der die DSA-erinnert-Schülergruppe mit Frau Küchler verabredet war. Frau Küchler, seit 2018 Botschafterin des Auswärtigen Amtes und Sonderbeauftragte für Beziehungen zu jüdischen Organisationen, Antisemitismus und Antiziganismus. Die Zusammenarbeit mit internationalen Organisationen, wie der Internationalen Allianz zum Holocaustgedenken (IHRA) gehören zu ihren Schwerpunktbereichen. Um die 70 Projekte, die sich speziell der Antisemitismusprävention und -bekämpfung und der Erinnerung an den Holocaust widmen, werden im In- und Ausland vom Auswärtigen Amt gefördert. Selbst während der Pandemie haben sie und ihre MitarbeiterInnen es geschafft viele Projekte umzusetzen und zu verwirklichen. Frau Küchler zeigte sich sehr interessiert an der Arbeit des DSA erinnert Projekts, vor allem an der Recherche der Schülergruppe zu Ernst Lichtenstein, einem jüdischen Lehrer an der damaligen DSA, der aufgrund seiner jüdischen Abstammung im Jahr 1935 die DSA verlassen musste.
Bildquelle: DSA erinnert Berlinreise 2022 Auswärtiges Amt, Juni 2022, Fotoarchiv“ DSA erinnert“
Frau Küchler betonte die Bedeutsamkeit des internationalen Wettbewerbs „Erinnern für die Gegenwart“ des Auswärtigen Amtes und der Zentralstelle für Auslandsschulwesen, der im Jahr 2019/2020 durchgeführt wurde und an alle deutschen Auslandsschulen gerichtet war und Schülerinnen und Schüler dazu aufrief sich mit ihrer eigenen Schulgeschichte in historischen schwierigen Zeiträumen zu beschäftigen. Sie sagte, dass die Menschen durch das Erinnern an die Vergangenheit die Gegenwart und die Zukunft bewusster gestalten und verbessern können.
Frau Küchler verabschiedete sich nach mehr als einer Stunde intensiven Gedankenaustausches und ermutigte die DSA-erinnert-Schülergruppe die Erforschung der Schulgeschichte der DSA weiterfortzusetzen und sich auch weiterhin aufmerksam mit aktuellen Phänomenen von Ausgrenzung, Diskriminierung und Antisemitismus auseinanderzusetzen.
Bildquelle: DSA erinnert Berlinreise 2022, Auswärtiges Amt, Juni 2022, Fotoarchiv“ DSA erinnert“
Recherche in den Akten der damaligen DSA
Nach dem Treffen mit Frau Michaela Küchler hatte die DSA erinnert Gruppe die Gelegenheit in die noch vorhandenen Aktenbestände des Auswärtigen Amtes zur Deutschen Schule Athen aus dem Zeitraum 1933 bis 1945 Einsicht zu nehmen. Leider sind die Akten der Kulturabteilung des Auswärtigen Amts während des Krieges bei einem Transportunfall teilweise in Brand geraten, daher sind nur sehr wenige Akten, die die Deutsche Schule Athen in der NS-Zeit betreffen, vorhanden. Von den beschädigten und nicht mehr vorlagefähigen Akten sind aber vor Jahren schon Sicherungskopien auf Mikrofiche angefertigt worden; diese Mikrofiches wurden in der Zwischenzeit auch digitalisiert. Herr Dr. Gerhard Keiper vom Politischen Archiv und Historischen Dienst des Auswärtiges Amt hatte uns freundlicherweise eine Auswahl von Akten ehemaliger LehrerInnen der DSA zwischen 1933 und 1945 bereitgestellt. Fast drei Stunden lang studierten die SchülerInnen die historischen Dokumente von LehrerInnen, die die Schülergruppe teilweise bereits aus dem schuleigenen Archiv kannten. Durch die Recherche im Politischen Archiv des Auswärtigen Amtes entdeckten die SchülerInnen viele zusätzliche Informationen über die ehemaligen LehrerInnen und den Alltag an der damaligen DSA, der geprägt war vom Nationalsozialismus und der deutschen Okkupation in Griechenland.
Bildquelle: DSA erinnert Berlinreise 2022, Auswärtiges Amt, Juni 2022, Fotoarchiv“ DSA erinnert“
Mit vielen interessanten und wertvollen Erkenntnissen kehrte die Schülergruppe abends müde und erschöpft, aber zufrieden in das Hotel zurück. Die Begegnungen und die Recherche im Auswärtigen Amt hinterließen nachhaltigen Eindrücke und erweiterten die Kenntnisse der Schülergruppe über den Alltag an der damaligen DSA in der Zeit des Nationalsozialismus.
Bildquelle: DSA erinnert Berlinreise 2022, Auswärtiges Amt, Juni 2022, Fotoarchiv“ DSA erinnert“
Hinweis der Redaktion: Frau Michaela Küchler war von 2018 bis 2022 Sonderbeauftragte für Beziehungen zu jüdischen Organisationen, Holocaust-Erinnerung, Antisemitismus und Antiziganismus des Auswärtigen Amtes und ist seit Juli 2022 Generalkonsulin im Generalkonsulat Chennai (Indien).
Bildquelle: Bildquelle: DSA erinnert Berlinreise 2022, Auswärtiges Amt, Juni 2022, Fotoarchiv“ DSA erinnert“
08.06.2022 Spreeschifffahrt
Dank der freundlichen Einladung von Frau Franke und Frau Schenk von der Zentralstelle für Auslandsschulwesen durften wir Berlin und seine Sehenswürdigkeiten mehr als zwei Stunden vom Schiff aus erleben. Wir haben die Schiffahrt sehr genoßen. Sophia berichtet hier über die kleine Schiffsreise durch die Stadt auf der Spree.
✎ Beitrag: Sophia Dorn
Die Spreeschifffahrt: Eine Reise durch Kultur und Geschichte der Stadt Berlin 8.06.2023
Bildquelle: DSA erinnert Berlinreise, Juni 2022, Fotoarchiv“ DSA erinnert“
„Die Berliner sind unfreundlich und rücksichtslos; ruppig und rechthaberisch, Berlin ist laut, dreckig und grau, Baustellen und verstopfte Straßen, wo man geht und steht – aber mir tun alle Menschen leid, die nicht hier leben können!“ (Anneliese Bödecker). Dieses Zitat drückt die Besonderheit, aber eben auch die Widersprüchlichkeit Berlins aus. Wir erfuhren beides in den sieben Tagen unseres Aufenthalts. Die beeindruckende Seite Berlins, also, das was die Stadt berühmt macht, zeigte sich besonders auf unserer Spreeschiffart.
Bildquelle: DSA erinnert Berlinreise, Juni 2022, Fotoarchiv“ DSA erinnert“
Die Spreeschifffahrt wurde uns von der Zentralstelle für Auslandsschulwesen (ZfA) ermöglicht. Frau Franke und Frau Schenk von der ZfA, die uns auch schon während des Wettbewerbs „Erinnern für die Gegenwart“ begleitet und betreut haben, haben uns nicht nur zur dieser unvergesslichen Spreeschifffahrt eingeladen, sondern sich auch noch um unser leibliches Wohl auf dem Schiff gekümmert, wofür wir Ihnen sehr dankbar waren. Die Bootstour führte uns entlang der Museumsinsel, durch die Alte Nationalgalerie, vorbei am beeindruckenden Pergamonmuseum, dem eindrucksvollen Berliner Dom und dem Humboldtforum. Die Kultur Berlins war zum Greifen nah!
Bildquelle: DSA erinnert Berlinreise, Juni 2022, Fotoarchiv“ DSA erinnert“
Die Stadt in all ihren Facetten und historischen Epochen zog an uns vorbei, wie in einem Film. Berlin ist im Großen und Ganzen keine Stadt, die wie Paris oder Rom als sehr schön gilt, doch das Berliner Lebensgefühl, die Aura und die Lebendigkeit der Stadt bei Tag und Nacht sowie die Geschichte haben ihre Spuren hinterlassen, die die Stadt interessant und attraktiv achen und ihr ein Flair der Einzigartigkeit verleihen. Diese vielfältige und großartige Metropole mit ihren gewaltigen historischen als auch modernen Gebäuden von der Spree aus zu erleben, war für uns alle besonders beeindruckend.
Bildquelle: Bildquelle: DSA erinnert Berlinreise, Juni 2022, Fotoarchiv“ DSA erinnert“
Auch das Regierungsviertel sahen wir von der Flussperspektive aus. Die imposante Kulisse des Bundeskanzleramtes und des Reichtages, des Herzstücks der deutschen Demokratie, glänzten im Sonnenlicht. Der Bundestag mit seinen 6000 Mitarbeitern und 631 Abgeordneten, ist so groß wie eine Kleinstadt. Allein das Bundeskanzleramt besteht aus mehreren modernen Gebäuden. Das prachtvolle Schloss Bellevue, der Sitz des Bundespräsidenten, war nicht zu übersehen und ist wortwörtlich ein „Prachtstück“ der Stadt. Es hat mich während der Spreeschifffahrt am meisten beeindruckt.
Bildquelle: DSA erinnert Berlinreise, Juni 2022, Fotoarchiv“ DSA erinnert“
Selbst den Fernsehturm am Alexanderplatz, welcher auf unzähligen Berliner Postkarten abgebildet ist, konnten wir vom Schiff aus deutlich sehen. Am Spreeufer saßen viele Menschen, die die warme, milde Junisonne genossen. Auch vom Schiff aus merkte man sehr deutlich, dass die Lebensqualität und Schönheit einer Stadt nicht allein nur der Infrastruktur zu verdanken sind, sondern hauptsächlich den Menschen, die dort wohnen und der Stadt Leben einhauchen. Die Berliner sind nicht gerade berühmt für ihren Charme, sondern vielmehr für ihr Lebensmotto: „You only live once“. Sie sind Lebenskünstler und ich denke, das ist ein Motto, das wir uns alle zu Herzen nehmen sollten. Ein Besuch in Berlin hat deshalb noch keinem geschadet.
Bildquelle: DSA erinnert Berlinreise, Juni 2022, Fotoarchiv“ DSA erinnert“
09.06.2022 Treffen mit Heiko Maas, ehemaliger Bundesaußenminister (2018-2021)
Zusammen mit den SchülerInnen der Fritz-Karsen-Schule, unserer Partnerschule in Berlin, haben wir donnerstagnachmittags, am 09. Juni 2022 den Lernort von „7x jung -Gesicht zeigen“ besucht. Es war ein unvergessliches Erlebnis für uns, von dem Amalia hier berichten will:
✎ Beitrag: Amalia Krosdorf
Begegnungen am Lernort 7xJung - Der Lernort für Gesicht zeigen 09.06.2022
7xjung ist ein sehr kreativ gestalteter Lernort für Jugendliche. Zu finden ist er in den S-Bahnbögen der S-Bahnstation Bellevue. Die Initiative „7x jung – Gesicht zeigen“ setzt sich ein für eine weltoffene Gesellschaft durch die Vermittlung gegenseitigen Respekts, Toleranz, Zivilcourage und durch die Auseinandersetzung mit historischen und aktuellen Schicksalen von Menschen, die Opfer von historischer oder aktueller Diskriminierung, Ausgrenzung und Entrechtung wurden. 7xjung will junge Menschen für alle Formen von Ausgrenzung, Rassismus und Diskriminierung sensibilisieren und dazu ermutigen, sich gegen Antisemitismus, Rechtspopulismus und Rechtsextremismus zu engagieren. Der Lernort, welcher ein vielfältiges Workshopangebot zu Themen wie Zivilcourage, Demokratieerziehung oder Verfolgung und Entrechtung in der NS-Zeit anbietet, setzt sich daher zum Ziel, Projekte und Aktionen zu unterstützen, die Vorurteile abbauen und das Miteinander fördern.
Bildquelle: DSA erinnert Berlinreise, Juni 2022, Lernort 7x jung Fotoarchiv „DSA erinnert“
Spielerisches sich kennenlernen.
In der Einstiegsphase versuchten wir durch Koordinationsspiele unsere Fähigkeiten der Zusammenarbeit und unseren Teamgeist zu prüfen und zu stärken.
Anschließend teilten die beiden Teamerinnen Monica und Sebe unsere Gruppe in zwei Räume auf. Da wir die SchülerInnen der Fritz-Karsen Schule noch nicht so gut kannten, sollten in der ersten Phase Kennenlernspiele helfen die anfängliche Unsicherheit und Distanz zu überwinden. So haben wir zum Beispiel spielerisch die familiäre Herkunft aller Schüler und Schülerinnen erfahren und welches Land jeder einzelne von uns schon immer gerne bereisen würde. Dabei stellte sich heraus, wie bunt und international die Zusammensetzung unserer Gruppe war.
Bildquelle: DSA erinnert Berlinreise, Juni 2022, Lerort 7x jung Fotoarchiv „DSA erinnert“
In den Kleingruppen vertieften wir dann das miteinander Vertraut werden. Ein kreatives Kartenspiel über unsere Vorbilder und Zukunftsvorstellungen ließ uns über uns selbst nachdenken und förderte die Kommunikation in der Gruppe. Sehr schnell fanden wir viele Gemeinsamkeiten und kamen völlig ungezwungen ins Gespräch.
Im weiteren Verlauf setzten wir uns alle in einen bequemen Kissenkreis. Wir erzählten über die Bedeutung und Herkunft unserer Namen und tauschten uns darüber aus, welche Werte uns in unserem Leben besonders wichtig sind. Diese Workshopphase sollte uns dazu ermuntern darüber nachzudenken, was jeden von uns so besonders und einzigartig macht.
Bildquelle: DSA erinnert Berlinreise, Juni 2022, Lernort 7x jung Fotoarchiv „DSA erinnert“
Eine fiktive Reise zurück in die Vergangenheit
In der nächsten Phase des Workshops unternahmen wir eine fiktive Reise zurück in die Vergangenheit, die wir sonst nur aus Schulbüchern kennen. Dabei lernten wir persönliche Schicksale von Kindern und Jugendlichen kennen, die am eigenen Leib erfuhren, wie es sich anfühlt ein kleines Mädchen zu sein, welches nicht mehr ins Schwimmbad gehen darf, weil es Jüdin ist oder wie einem jüdischen Kind zumute ist, das von einer nicht-jüdischen Familie adoptiert und sehr lieblos behandelt wird und wie es einer Jugendlichen ergeht, die aufgrund ihrer Herkunft und ihrer sexuellen Orientierung ausgegrenzt und verfolgt wird. All diese Geschichten konnten wir uns an unterschiedlichen Audiostationen anhören. Das Schicksal dieser Kinder und Jugendlichen berührte uns. Wir haben alle Gänsehaut bekommen. Das umfangreiche Bildmaterial dokumentierte den Schmerz, die Not und das Elend der Opfer des NS-Staates. Die Kunstwerke prangerten das ganze Ausmaß der Menschenverachtung der Nazis an. Es machte uns sprachlos.
Bildquelle: DSA erinnert Berlinreise, Juni 2022, Lernort 7x jung Fotoarchiv „DSA erinnert“
Nach Besichtigung der Ausstellung tauschten wir uns darüber aus, welches der Kunstwerke auch etwas mit uns zu tun haben könnte, denn die Opfer waren teilweise Jugendliche mit Hobbies, Freunden und Visionen, genauso wie wir. Wir haben auch diskutiert, welche Ausstellungsstücke uns am meisten berührt haben.
Warum Lernorte wichtig sind
Bildquelle: DSA erinnert Berlinreise, Juni 2022, Lernort 7x jung Fotoarchiv „DSA erinnert“
Ganz klar prägen solche Projekte. Sie machen nachdenklich und verändern auch den Blick auf unsere Gesellschaft, auf das Miteinander. Sie machen uns sensibel und schärfen unsere Wahrnehmung für Ausgrenzung und Unrechtsstrukturen in unserer Gesellschaft, in den Schulen, in der Politik und auch in den Medien. Die Lernorte führen uns deutlich vor Augen, dass Fairness, Respekt, Toleranz und Demokratiebewusstsein nichts Selbstverständliches sind und wir uns dafür engagieren müssen, dass alles getan werden muss, damit sich solche Verbrechen gegen die Menschlichkeit in der Zukunft nicht wiederholen. Besonders in der heutigen Zeit, in der das Thema Krieg leider wieder nach Europa zurückgekehrt ist und so viele Menschen Opfer dieses grausamen Angriffskrieges Russlands auf die Ukraine werden, ist es besonders wichtig zu verstehen, wie Hass und Gewalt entstehen und was wir machen können, um so etwas zu verhindern und den Opfern zu helfen.
Bildquelle: Bildquelle: DSA erinnert Berlinreise, Juni 2022, Lernort 7x jung Fotoarchiv „DSA erinnert“
Am Ende des Workshops waren wir alle sehr nachdenklich. Ich glaube, auch meine MitschülerInnen, teilten das Gefühl der Leere, wissend, dass Unrecht und Unmenschlichkeit leider immer noch passieren und wir oft nichts dagegen machen können.
Der Lernort hat uns viele wichtige Gedanken, Eindrücke, Impulse und Anregungen mitgegeben, die uns noch lange beschäftigen werden.
09.06.2022 Lernort 7xjung-Gesicht zeigen
Ein weiterer interessanter Höhepunkt unserer Berlinreise stand ganz im Zeichen der hohen Politik: Ein Treffen mit dem Bundestagsabgeordenten und ehemligen Außenminister des Auswärtigen, Heiko Maas. Yannis berichtet darüber:
✎ Beitrag: Yannis-Florian Kunze
Berlin, Paul-Löbe-Haus: – Treffen mit dem Bundestagsabgeordneten Heiko Maas (SPD) und ehem. Bundesminister des Auswärtigen (2018-2021).
Am Donnerstagmorgen, den 09.06.2022 machten wir uns bereits früh auf dem Weg von unserem Hotel am Tiergarten zum Paul-Löbe-Haus, einem wichtigen Funktionsgebäude des Deutschen Bundestags im Berliner Regierungsviertel. Wir hatten die Ehre, uns mit dem Bundestagsabgeordneten und ehemaligen Bundesminister des Auswärtigen Amtes Herrn Heiko Maas zu treffen. Schon Wochen vor dem Antritt unserer Reise haben wir uns bemüht, einen Besuchstermin bei ihm zu bekommen, aber sein Terminkalender war leider voll. Kurz vor unserer Abreise kam dann aber glücklicherweise doch noch eine Zusage von seinem Büro, worüber wir uns sehr freuten.
Bildquelle: DSA erinnert Berlinreise, Juni 2022, Treffen mit dem Bundestagsabgeorneten und ehm. Außenminister Heiko Maas, Fotoarchiv“ DSA erinnert“
Ein zentrales Anliegen während seiner Amtsperiode als Außenminister war es die Erinnerungskultur zu fördern und dabei auch die Schulen und SchülerInnen einzubeziehen. In diesem Sinne initiierte er 2019 den internationalen Schülerwettbewerbs „Erinnern für die Gegenwart“ des Auswärtigen Amtes und der Zentralstelle für Auslandsschulwese (ZfA) in Kooperation mit der Stiftung „Erinnern Verantwortung Zukunft“ (EVZ) und der Bundeszentrale für politische Bildung, an dem 58 deutsche Auslandsschulen teilnahmen, darunter auch die DSA. Am 25. Februar 2021 wurde „DSA erinnert“ zusammen mit drei weiteren Projekten von Heiko Maas als Preisträger ausgezeichnet. Aufgrund der Pandemie fand die Preisverleihung leider nur digital statt, daher wollten wir, im Rahmen unserer Berlinreise die persönliche Begegnung mit ihm, die uns in der digitalen Preisverleihung verwehrt war, nachholen.
Bildquelle: DSA erinnert Berlinreise, Juni 2022, Treffen mit dem Bundestagsabgeorneten und ehm. Außenminister Heiko Maas, Fotoarchiv“ DSA erinnert“
Doch alles von Anfang an: Bevor wir mit Herr Heiko Maas sprechen konnten, mussten wir im Ernst-Löbe-Haus durch die strengen Sicherheitskontrollen am Eingang. Dort wurden wir von seinem Assistenten Jan Kürvers in Empfang genommen und in einen Sitzungssaal gebracht. Jan Kürvers ist Mitarbeiter im Büro von Heiko Maas. Er konnte uns interessante Einblick in seinen Berufsalltag im Büro des jetzigen Bundestagsabgeordneten Heiko Maas geben. Er erzählte uns aber auch von der Zeit als Heiko Maas noch Außenminister war.
Bildquelle: DSA erinnert Berlinreise, Juni 2022, Treffen mit dem Bundestagsabgeorneten und ehm. Außenminister Heiko Maas, Fotoarchiv“ DSA erinnert“
Etwa 20 Minuten später kam Heiko Maas in den Sitzungssaal. Er machte einen gelassenen, ruhigen und zwanglosen Eindruck auf uns. Nach einer sehr freundlichen Begrüßung und einer kleinen Vorstellrunde war er gespannt auf unsere Fragen, die wir bereits in unserer AG vor unserer Berlinreise vorbereitet hatten.
Bildquelle: DSA erinnert Berlinreise, Juni 2022, Treffen mit dem Bundestagsabgeorneten und ehm. Außenminister Heiko Maas, Fotoarchiv“ DSA erinnert“
Am Anfang des Gesprächs ging es hauptsächlich um den Wettbewerb „Erinnern für die Gegenwart“. Wir sprachen darüber, wie es dazu kam und was ihn veranlasste diesen Wettbewerb ins Leben zu rufen. Seine Ausführungen auf diese Frage, führten uns ziemlich schnell zu einem brisanten, aktuellen geopolitischen Thema, das uns alle beschäftigte, die Lage in der Ukraine.
Einen Krieg noch einmal in Europa erleben zu müssen, das haben selbst Spitzenpolitiker, wie Heiko Maas, der zu diesem Zeitpunkt noch Außenminister war, nicht erwartet. Es kam für alle überraschend. Wir sprachen mit ihm darüber, wie der Krieg am zielführendsten und schnellsten für beide Seiten, aber vor allem für die betroffene ukrainische Bevölkerung und möglichst friedlich gelöst werden könnte. Zu einem richtigen Ergebnis sind wir nicht gekommen. Der Krieg hat die Selbstverständlichkeit, dass der europäische Kontinent nie wieder Schauplatz eines Krieges werden würde, vehement erschüttert und zerstört, meinte Heiko Maas.
Auch über Europa und die vielen Herausforderungen im Zusammenhang mit der Energiewende, die durch den Krieg in der Ukraine an Dringlichkeit und Brisanz gewonnen haben, diskutierten wir mit Herrn Maas. Zum Schluss ging es noch um Fragen zu seiner Person und seinen politischen Werdegang, darüber wie er in die Politik gekommen ist und ob es sich heute für junge Menschen überhaupt noch lohne eine politische Laufbahn einzuschlagen.
Bildquelle: DSA erinnert Berlinreise, Juni 2022, Treffen mit dem Bundestagsabgeorneten und ehm. Außenminister Heiko Maas, Fotoarchiv“ DSA erinnert“
Von dem Gespräch mit Heiko Maas waren wir alle sehr beeindruckt und begeistert. Er trat uns sehr offen gegenüber und hat jede Frage geduldig, verständlich und sehr ausführlich beantwortet. Nach der hoch interessanten und spannenden Begegnung mit ihm aßen wir in der Mensa des Bundestags zu Mittag und gingen im Anschluss auf die Kuppel des Bundestages. Darüber hinaus zeigten uns Jan Kürvers und Oliver Wagner den Versammlungsraum der SPD.
Wir haben alle den ereignisreichen Tag im Ernst-Löbe-Haus und im Bundestag sehr genossen und bedanken uns ganz herzlich bei Herrn Maas für das aufschlussreiche Gespräch.
Bildquelle: DSA erinnert Berlinreise, Juni 2022, Treffen mit dem Bundestagsabgeorneten und ehm. Außenminister Heiko Maas, Fotoarchiv“ DSA erinnert“
10.06.2022 Besuch des Jüdischen Museum Berlin
Am Freitagmorgen den 10. Juni 2022 stand der Besuch des Jüdischen Museums in Berlin auf dem Programm. Weil leider vier SchülerInnen unserer Gruppe während unseres Aufenthaltes in Berlin an Covid-19 erkrankt waren, konnte nicht die ganze Gruppe diese interessante Führung miterleben. Während Frau Wiesinger die kranken SchülerInnen im Hotel betreute, machte sich also die restliche Schülergruppe mit Frau Pliatsika auf den Weg ins Jüdische Museum.
✎ Beitrag: Marios Triantafyllou
Ein Besuch im jüdischen Museum Berlins 10.09.2022
Am Hauptgebäude des Jüdischen Museums angekommen, hatte ich keine wirkliche Vorstellung von der Führung, die mich erwartet. Ich hatte nur die Befürchtung es würde eine Führung werden, die nur aus historischen Fakten besteht und sehr ermüdend werden würde. Zu diesem Zeitpunkt war also niemanden von uns klar, was uns wirklich erwarten würde.
Bildquelle: DSA erinnert Berlinreise, Juni 2022, Jüdisches Museum Berlin, Fotoarchiv „DSA erinnert“
Zunächst mussten wir alle durch die Sicherheitskontrolle und zur Ticketausgabe, an der unser Guide Dr. rer. nat. Dalik Sojref bereits auf uns wartete. Die Führung begann direkt im Innenhof des Hauptgebäudes und dem daran angrenzenden Garten. Herr Sojref berichtete uns zunächst über die bewegte Geschichte des alten Gebäudes. Das Barockgebäude wurde 1735 erbaut und war zunächst Sitz der königlichen Justizverwaltung, später beherbergte es das Kammergericht bis es ab 1913 als Verwaltungsbehörde der Evangelischen Kirche diente. Das Besondere an diesem Gebäude ist, laut Hr. Sojref, dass es eines der wenigen erhaltenen Vorkriegsgebäude ist, das nach dem Krieg, in den 60er Jahren renoviert und 1993 zum Jüdische Museum umfunktioniert wurde.
Bildquelle: DSA erinnert Berlinreise, Juni 2022, Jüdisches Museum Berlin, Fotoarchiv „DSA erinnert“
Daraufhin leitete der Guide zum neuen blitzförmigen Gebäude des Architekten Daniel Libeskind über, welches direkt neben dem Hauptgebäude steht und die Ausstellung beherbergt. Dieses moderne und imposante Bauwerk soll sowohl Mahnmal als auch Kunstwerk sein: Der Architekt wollte damit symbolhaft die Erfahrungen der deutschen Juden ausdrücken, die geprägt war von Gebrochenheit und Widerstand. Herr Sojref forderte uns auf, über die Wirkung des Neubaus auf uns und den dabei entstehenden Gefühlen nachzudenken, indem er auf folgende Merkmale verwies: die Fassade mit dunkelgrauem Titanzink, die spaltenförmigen Fenster, die sich über die ganze Fassade wie unregelmäßige „Kratzer“ erstrecken sowie den schmalen blitzförmigen Grundriss. Die Interpretation dieser architektonischen Besonderheit überließ Herr Sojref jedem einzelnen Schüler ohne uns eine fertige Interpretation aufdrängen zu wollen.
Bildquelle: DSA erinnert Berlinreise, Juni 2022, Jüdisches Museum Berlin, Fotoarchiv „DSA erinnert“
Die Führung fand dann ihre Fortsetzung im inneren des Libeskind-Baus. Dieser hat im Untergeschoss drei große Gänge, die sich überschneiden. Die Gänge sind breit, wenig beleuchtet und uneben. Die schiefen weißen Wände wirken bedrückend auf die BesucherInnen. Die geneigte schwarze Decke und der ebenso geneigte schwarze Boden verstärken dieses Gefühl. Diese drei Gänge werden auch Achsen genannt. Sie stehen symbolisch für die Entwicklung des Lebens der Juden während der NS- Zeit in Deutschland. Die Achsen heißen Achse des Exils, des Holocausts und der Kontinuität.
Bildquelle: Workshop mit Herrn Prof. Apostolopoulos an der DSA, September 2019, Fotoarchiv“ DSA erinnert“
Wir folgten der Achse des Exils, bis wir am Ende zu einer schweren trapezförmigen Metalltür gelangten. Öffnet man sie, befindet man sich im Garten des Exils. Herr Sojref hat uns Zeit gegeben, diesen Garten auf uns wirken zu lassen. Er besteht aus einer schiefen Ebene, die mit großen, groben Steinen gepflastert ist und das Gehen erschweren. In regelmäßigem Abstand von maximal einem Meter stehen 49 massive Zementstelen, die 3 bis 4 Meter in die Höhe ragen. Die Zahl 49 ist symbolisch, weil sie sich aus der Zahlenkombination 48+1 zusammensetzt. Die Zahl 48 steht für das Gründungsjahr Israels im Jahr 1948 und die Zahl 1 für Deutschland. 48 der 49 Stelen sind mit Erde aus Deutschland befüllt und die 49. Stele mit Erde aus Israel. Auf den geneigten Stelen wachsen in unerreichbarer Höhe Ölweiden. Das alles wird von hohen Zementwänden umschlossen. Läuft man durch den Garten des Exils so fühlt man sich stark eingeengt und desorientiert. Libeskind wollte mit diesem Garten das Gefühl der Juden im Exil rekonstruieren. Wir haben dann mit Herrn Sojref darüber reflektiert was der Garten in uns auslöst.
Bildquelle: Workshop mit Herrn Prof. Apostolopoulos an der DSA, September 2019, Fotoarchiv“ DSA erinnert“
Im Anschluss daran führte uns Herr Sojref zu einem besonderen Exponat. Dazu verließen wir die Achse des Exils und liefen durch die Achse der Kontinuität in ein sehr steiles Treppenhaus, dass zum Ende hin von großen Zementblöcken durchquert wurde. Über dieses Treppenhaus gelangten wir in den ersten Stock, der in einen der sogenannten Voids führte. Dabei handelt es sich um hohe, leere, unbeleuchtete, furchteinflößende, beklemmende Betonschächte. In einem dieser Voids, den wir betreten haben, befindet sich die Instalation Schalechet vom israelischen Künstler Menashe Kadishman. Schalechet bedeutet so viel wie gefallenes Laub. Diese Installation geht unter die Haut. Als wir gerade dort angekommen waren, befand sich noch ein Besucher auf der Installation, der auf den Masken herumlief. Die Installation besteht aus 10.000 runden, eisernen Masken mit aufgerissenen Mündern. Die Masken sind im ganzen Void verteilt und übersäen den kompletten Boden des Raumes. Die Geräusche, die entstehen, wenn man auf den Masken läuft, waren laute, metallische Schlaggeräusche. Das Betreten der Installation ist nicht verboten, jedoch war Herr Sojref durch das Verhalten dieses Museumsbesuchers sichtlich erschüttert. Für ihn war es schwer nachvollziehbar, wie es einem/r Besucher/in möglich ist auf den Masken zu laufen, ohne sich dabei schlecht zu fühlen, da man Gesichter mit den Füßen tritt.
Bildquelle: DSA erinnert Berlinreise, Juni 2022, Jüdisches Museum Berlin, Fotoarchiv „DSA erinnert“
Nach wenigen Momenten absoluter Stille gingen wir weiter zum zweiten Stock des Libeskind-Baus. Dort zeigte Herr Sojref uns noch vereinzelte wichtige Exponate. Die Zeit verging so schnell, dass wir es zeitlich nicht mehr schafften uns die Kurzfilme von Yael Reuveny zum jüdischen Leben in Deutschland mit dem Titel „Vier Fragen“ anzusehen, daher empfahl uns Herr Sojref dies zu einem späteren Zeitpunkt nachzuholen.
Bildquelle: DSA erinnert Berlinreise, Juni 2022, Jüdisches Museum Berlin, Fotoarchiv „DSA erinnert“
Persönlich habe ich von dieser Führung im Jüdischen Museum Berlin sehr viel mitgenommen. Es war eine der besten Führungen, die ich bis jetzt erlebt habe. Und das verdanke ich unserem Guide Herrn Sojref, der nicht nur bloße Fakten vermittelte, sondern uns zum Nachdenken animierte und so in uns einen ganz neuen Blick auf die Geschichte der Juden in Deutschland und die Verbrechen der Nazis im Holocaust erweckt hat.
Bildquelle: DSA erinnert Berlinreise, Juni 2022, Jüdisches Museum Berlin, Fotoarchiv „DSA erinnert“
10.06.2022 Workshop an der Freien Universität Berlin
Zwanzig SchülerInnen des Campus Marienthals und der Max-Schmeling-Stadtteilschule aus Hamburg trafen auf elf SchülerInnen der DSA erinnert Projektgruppe. Mit großer Freude und Enthusiasmus erwarteten beide Schülergruppe die Schülerbegegnung und den Workshop des Projekts MOG (Memories of the Occupation in Greece↵) an der Freien Universität Berlin.
✎ Beitrag: DSA erinnert-Schülergruppe
Workshop an der Freien Universität Berlin-Projekt MOG- Erinnerungen an die Okkupation in Griechenland 10.06.2022
Für die meisten SchülerInnen beider Gruppen war es der erste Besuch an einer Universität, entsprechend gespannt war man auf den Workshop, auf den sich beide Schülergruppen sorgfältig vorbereitet hatten. Ein riesiger, imposanter Hörsaal der Universität stand den beiden Schülergruppen einen ganzen Nachmittag lang zur Verfügung. Herr Prof. Dr. Nicolas Apostolopoulos, Leiter des Projekt MOG (Memories of the Occupation in Greece) eröffnete die Veranstaltung mit einer kurzen Begrüßung und einleitenden Worten über das Projekt MOG.
Bildquelle: DSA erinnert Berlinreise, Workshop an der Freien Universität, Juni 2022, Fotoarchiv „DSA erinnert“
Nach einer kurzen Kennenlernphase ging es dann auch schon um das eigentliche Schwerpunktthema des Treffens: „Griechenland unter deutscher Besatzung 1941-1944 -Kriegsverbrechen und griechischer Widerstand“. Da die Hamburger Schülergruppe an einem deutschlandweiten Schülerwettbewerb „Challenge History-Remember Hellas“↵ teilnahm, der im Herbst 2021 vom Projekt MOG „Erinnerungen an die Okkupation in Griechenland“ der Freien Universität ausgeschrieben wurde und unter der Schirmherrschaft der griechischen Botschaft stand, hatten sich die SchülerInnen schon im Vorfeld mithilfe der MOG-Lernplattform intensiv mit der deutschen Besatzungszeit in Griechenland beschäftigt. Aber auch die Athener Schülergruppe war mit der Thematik sehr vertraut, zumal sie das Projekt MOG „Erinnerungen an die Okkupation Griechenland“ sowohl aus der engen Zusammenarbeit mit DSA erinnert als auch aus dem Geschichtsunterricht sehr gut kannte.
Bildquelle: DSA erinnert Berlinreise, Workshop an der Freien Universität, Juni 2022, Fotoarchiv „DSA erinnert“
Die Schülergruppe aus Hamburg, die sich aus zwei unterschiedlichen Klassen und Schulen (Campus Marienthal und Max-Schmeling-Stadtteilschule) zusammensetzte, präsentierte ausführlich Ihre Projektideen. Zunächst berichteten beide Gruppen über das „Making of“ ihrer Projekte und stellten anschließend der Athener Schülergruppe und dem MOG-Team der Freien Universität die Erkenntnisse und Ergebnisse aus ihrer Arbeit vor: Den SchülerInnen des Campus Marienthals ist im Laufe ihrer Auseinandersetzung mit den Lerneinheiten der MOG- Lernplattform aufgefallen, dass es zum Thema „Besatzungszeit in Griechenland“ weder auf youtube noch auf der MOG Website Erklärvideos zu diesem Thema gibt. Daher beschloss die Klasse selbst ein „Erklärvideo↵“ zu erstellen, das eine erste kurze, aber ausschlagkräftige Erstinformation für Schüler und Schülerinnen bieten sollte, welches sowohl auf youtube als auch auf der MOG-Plattform veröffentlicht werden könnte.
Bildquelle: DSA erinnert Berlinreise, Workshop an der Freien Universität, Juni 2022, Fotoarchiv „DSA erinnert“
Stolz demonstrierten die SchülerInnen des Campus Marienthal ihr Erklärvideo und schilderten auch die technischen Herausforderungen bei der Umsetzung des Videos.
In ihrem Erklärvideo geben die SchülerInnen des Campus Marienthals einen knappen Überblick über die Hintergründe des brutalen Angriffskrieges des Deutschen Reiches auf Griechenland. Dabei nehmen sie auch Bezug zu ausgewählten historischen Ereignissen des deutschen Überfalls und zur Einnahme Griechenlands im Kontext des globalen Kriegsgeschehens des 2. Weltkrieges und erläutern zentrale Aspekte der deutschen Okkupation: Alltag, Hungersnot, Kriegsverbrechen, Widerstand in Anlehnung an die Bildungsplattform.
Bildquelle: DSA erinnert Berlinreise, Workshop an der Freien Universität, Juni 2022, Fotoarchiv „DSA erinnert“
Auf der Suche nach geeignetem Fotomaterial für das Erklärvideo zum deutschen Angriff auf Kreta machte die Schülergruppe eine völlig unerwartete Entdeckung: Auf Wikipedia stießen sie auf Max Schmeling¹, den Namensgeber der Schule, der als Fallschirmjäger in der Luftlandeschlacht auf Kreta im Mai 1941 beteiligt war. Der Schock war groß, zumal sich die Gruppe ja intensiv mit den Massakern der Wehrmacht und SS auseinandergesetzt hatte. Dass der Namensgeber der Gesamtschule, Max Schmeling, als Wehrmachtssoldat beim deutschen Angriffskrieg auf Griechenland beteiligt war, erschütterte und beschäftigte die SchülerInnen sehr. Weitere Forschungen wollen sie daher auch speziell diesem Thema widmen
Bildquelle: DSA erinnert Berlinreise, Workshop an der Freien Universität, Juni 2022, Fotoarchiv „DSA erinnert“
Sechs SchülerInnen der Max-Schmeling-Stadtteilschule präsentierten ein weiteres Projekt, einen Podcast. Inspiriert von der Lektüre „Andorra“ von Max Frisch stellten die SchülerInnen Bezüge zwischen den Zeitzeugen des MOG-Zeitzeugenarchivs und den Figuren des Dramas her. Diese Bezüge wurden anschließend zu einem fiktiven Zeitzeugeninterview verarbeitet, das in einem Podcast gemeinsam mit dem historischen Kontext präsentiert wurde. Das fiktive Interview stellten vier SchülerInnen als Rollenspiel vor. Der Podcast wurde zudem mit Zeichnungen und Illustrationen der SchülerInnen untermalt.
Bildquelle: DSA erinnert Berlinreise, Workshop an der Freien Universität, Juni 2022, Fotoarchiv „DSA erinnert“
Es war ein spannender und überaus interessanter Workshop, der die DSA erinnert Schülergruppe nicht nur mit vielen neuen Ideen und Erkenntnissen bereicherte, sondern ihnen auch ebensoviele neue Freundschaften schenkte. Die Projektbeiträge beindruckten die Athener Schülergruppe sehr.
Wir freuen uns alle sehr auf das Wiedersehen mit der Hamburger Schülergruppe im September 2022 an der DSA und wünschen Ihnen alles Gute und viel Erfolg für den Wettbewerb.
Unser Dank gilt besonders dem MOG-Projektleiter Prof. N. Apostolopoulos und seinem Team für die hervorragende Organisation des Workshops an der Freien Universität.
1)Hinweise zu Max Schmeling: Maximilian Adolph Otto Siegfried Schmeling (1905-2005) war ein deutscher Schwergewichtsboxer und auch Schwergewichts-Boxweltmeister. 1936 besiegte er die Boxlegende, Joe Louis, der als unschlagbar galt. Freunde von Schmeling waren im Widerstand in der Wehrmacht tätig und an der Vorbereitung für das Attentat vom 20. Juli 1944 beteiligt. Durch persönliche Kontakte gelang es ihm zahlreiche Juden und Regimegegner vor der Deportation in Konzentrationslager zu bewahren. 1971 Schmeling wurde das Große Bundesverdienstkreuz verliehen. 1991 wurde die karitative Max-Schmeling-Stiftung gegründet. Schmeling wurde als erster Deutscher in die "Hall of Fame", die Ruhmeshalle des Boxsports, aufgenommen. Bis heute ist er einer der populärsten Sportler Deutschlands.
Bildquelle: DSA erinnert Berlinreise, Workshop an der Freien Universität, Juni 2022, Fotoarchiv „DSA erinnert“
18.-23.06.2023
DSA erinnert goes Berlin