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Die Schülerin Nefeli war für uns eine sehr widersprüchliche Person. Sie stand für uns mit ihrer Verherrlichung des Führerstaates bei gleichzeitigen fragwürdigen feministischen Vorstellungen zwischen Anpassung und Aufbegehren. Hier einige Überlegungen zu dieser interessanten Schülerpersönlichkeit:

✎  Beitrag: Ilektra Mavridi, Aliki Portosalte, Alexandra Iliana Dimitriadi

Gedanken zu Nefeli: Eine Schülerin zwischen Anpassung und Aufbegehren

Aus dem vorgelesenen Abschnitt der Abiturarbeit zum Thema „Bedarf der Staat einer Aristokratie?“ wird klar, dass Nefeli der Entstehung und Bedeutung eines „Führerstaates“, wie er in Deutschland damals existierte, zustimmt. Sie benutzt NS-Vokabular (“die Auslese des Adels”), das mit positiven Worten die Mitglieder der NSDAP-Partei beschreiben sollen. Der Führer und die hohen NS Parteifunktionäre werden als die „Besten“ und die Unterstützer des Volkes präsentiert, die immer die Verbesserung Deutschlands anstreben. Für diese Arbeit hat sie eine 4 bekommen, obwohl sie insgesamt gute sprachliche Leistungen aufweist. Im Schlussteil ihrer Arbeit betont sie, dass sie “als Frau, die die Emanzipation des weiblichen Geschlechts anstrebt” auch Frauen als politische Führer begrüßen würde. So lässt sich daraus das Fazit ziehen, dass sie diese Note aufgrund ihrer, in den Augen des NS Regimes unangebrachten, emanzipierten Haltung bekam. Sie hat eine, für die damalige Zeit, provokante Position eingenommen, indem sie in einem Appell die gleiche Behandlung von Frauen und Männern im NS-„Führerstaat“ fordert. Hier muss erwähnt werden, dass die Frauen im nationalsozialistischen Deutschland eigentlich nur als Mütter einen Wert hatten. Sie wurden sogar als “Geburtmaschinen” bezeichnet.*

Zusammenfassend kann man festhalten, dass 1944 von den Schülern der DSA erwartet wurde, positiv über NS-Deutschland und den Führer zu schreiben. Alle Äußerungen, die nicht zur NS-Ideologie gehörten, wurden als Fehler betrachtet und die Schüler bekamen Punktabzüge und folglich schlechtere Noten.

Aus Nefelis Gutachten geht klar hervor, welche Erwartungen die Schule von ihren Schülern hatte. Als Erstes wird die Schülerin als „gute Kameradin“ bezeichnet, was eine typische Anrede im NS-Staat war. Es wird von den Lehrern als positiv bewertet, dass sie nicht besonders sensibel ist, aber eine sehr fleißig Schülerin ist. Weil sie jedoch dem NS-Frauenbild nicht entsprach, hatte sie Probleme mit den Lehrern. Dies passierte aufgrund des Frauenbildes der NS-Ideologie.

Sehr auffallend ist, dass Nefeli in ihrem Lebenslauf niemals die Kriegsereignisse erwähnt. Es könnte sein, dass sie sich nicht traute, über diese Ereignisse zu sprechen, weil sie Angst hatte, dass sie nicht zur Reifeprüfung zugelassen wird. Oder sie könnte die Kriegsereignisse für unwichtig gehalten haben, da sie von ihnen nicht beeinflusst wurde. Nur einmal erwähnt sie den Krieg und bezeichnet diesen als „eine schöne Abwechslung zum täglichen Schulleben“. Die DSA war wie alle griechischen Schulen im Schuljahr 1940/41 aufgrund des Italienisch-Griechischen Krieges acht Monate geschlossen und wurde erst kurz nach dem Einmarsch der deutschen Truppen wieder geöffnet.

“Dann kam der Krieg als Abwechslung zum täglichen Schulleben […]”

Als wir in der Gruppe dieses Zitat gemeinsam gelesen haben, konnten wir nicht glauben, was wir lasen. Als Griechinnen können wir nicht nachvollziehen, wie Nefeli, die auch eine Griechin war, so etwas schreiben konnte. Sie berichtet unter anderem vom deutschen Einmarsch in die Hauptstadt ihrer Heimat und das Einzige, was sie kommentiert, ist, dass es eine Abwechslung zum Schulalltag ist. Sie berichtet nicht von den griechischen Soldaten, die seit 1940 in den Bergen Albaniens kämpfen und für die Freiheit ihrer Heimat sterben. Ganz gleich, ob sie dies aus Angst vor der Ablehnung ihrer Reifeprüfung schreibt, oder ob sie sich wirklich nicht für die Not ihrer Heimat interessiert, finden wir diese Position grausam, inakzeptabel und vor allem ignorant und unmenschlich.

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