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Transkript des Reifeprüfungsaufsatzes

Reifeprüfung im Fach Deutsch 1939

Thema: „Feste als Ausdrucksformen einer Gemeinschaft“

✎  Beitrag: Angeliki Karagianni, Alexandra Efthymiou, Thomas Karalis

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Jeder Mensch hat einmal das Bedürfnis, nach der Arbeit auszuspannen und einen Abend mit guten Freunden oder alleine in festlicher Stimmung zu verbringen, um die Alltagslasten und –mühen zu vergessen.

Wo sie alle kurze Zeit beisammen gesessen haben, bedanken sich die Freunde für die gute Bewirtung und empfehlen (verabschieden) sich. Der Gastgeber merkt aber

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das ganz deutlich, dass sie noch viel länger geblieben wären, wenn…. Ja, wenn? Er zerbricht sich den Kopf darüber, was wohl der Grund gewesen sein mochte, dass sie sich bei ihm nicht wohlgefühlt haben. – Er denkt an die gereichten Speisen, die vielleicht nicht auslangten, oder an die Getränke, die nicht kalt genug waren. Aber er kommt zu dem Schluss, dass alles in Ordnung war. Also musste der Grund woanders liegen. – Und so war es auch.

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Man braucht dabei nur daran zu denken, was in einem Zimmer schon ein Blumenstrauß ausmacht.

Das Auge bleibt daran hängen und freut sich, vielleicht unbewusst über den betreffenden Gegenstand. – Es kann aber auch eine besondere Anordnung  der Möbel sein, die etwas Neues im Raume schafft und wesentlich zur gemütlichen Ausstattung beiträgt.

Man sieht also, dass es lauter Kleinigkeiten sind, durch die dem Ganzen eine besondere Note gegeben wird.  So etwas kann natürlich nur unter dem vollen Einsatz der Familie des Gastgebers geschehen. Nur durch eine gemeinsame Arbeit kann nachher das Fest als gelungen betrachtet werden.

Viele Leute meinen, weil sie so reich sind, könnten sie Feste geben, bei denen alles im Überfluss vorhanden ist und keiner der Gäste unbefriedigt bleibt. In sehr vielen Fällen liegt hier ein Irrtum vor.

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Nicht das Geld alleine macht es. Die Reichen neigen dazu, öfter mit ihrem Gut zu protzen. Unter den Gästen sind vielleicht Leute, die es im Leben nicht so gut haben, und diese fühlen sich dann beengt.

Es kann dann auch nicht die fröhliche Stimmung aufkommen, nach der sich mancher so sehnt. – Auch der Gedanke der Gemeinschaft, dass sich einer so fühlt wie der andere, wird dadurch gewaltsam unterdrückt.

Wesentlich ist bei einem solchen Fest auch die Auswahl und Zusammenstellung der Gäste. Es müssen Leute sein, die sich untereinander verstehen und schätzen.

So soll eine Festlichkeit im Haus schlicht, herzlich und gemütlich sein. Vor allem soll das, was gereicht wird, mit vollem Herzen und nicht aus Protzerei gegeben werden.

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Man ist für ein Fest natürlich nicht nur aufs Haus beschränkt. Es gibt überall viele Möglichkeiten den Abend nett zu verbringen. Ich denke dabei auch an einen Theater- oder Opernbesuch. Durch die Umgebung, die Feierlichkeit des Augenblicks, die festliche Kleidung gleitet man wie von selbst in eine Festtagsstimmung hinein, die in einem noch lange nachklingt. Außerdem schafft die Musik bei den vielen Menschen, die im Hause sitzen, eine Art seelische Brücke. Alles wird gemeinsam empfunden.

Betrachten wir nun einmal die festlichen Veranstaltungen in den Betrieben, ganz gleich, ob sie Fabrik, Werft, Handelshaus oder Schule heißen. – Früher war es so, dass sich die Klassenunterschiede deutlich überall spiegelten. Der Direktor oder Chef des betr. Betriebs würde immer als eine höheres Wesen angesehen,

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dem gegenüber es geraten war, sich in die Ecke zu drücken. – Heutzutage sind sich die Arbeitgeber und Arbeitnehmer menschlich nähergekommen. Dies kommt besonders stark in den Betriebsfesten zum Ausdruck, wo von beiden Seiten ohne Rücksicht auf Stand und Namen im Rahmen der Gemeinschaft tüchtig „Betrieb“ gemacht wird. Voraussetzung aber für diese gemeinschaftlichen Zusammenkünfte sind geeignete und schöne Räume.

Es gibt aber auch noch eine andere Art von Festen. So sind dies ausgesprochene Gemeinschaftsfeiern als die oben beschriebenen. – Ich denke an die nationalen Feiertage des deutschen Volkes. –  Gemeinsam stehen Hunderttausende Spalier (geordnet in Reihen) oder warten vor der Reichskanzlei. Gemeinsam rufen sie nach ihrem

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Führer und gemeinsam begrüßen sie seine Worte und feiern mit ihm den Tag. Es ist dies der Ausdruck der Volksgemeinschaft, oder noch besser des Volkes selbst.

Vor 1933 gab es in Deutschland einige dreißig Parteien. Jede hatte ihre Feiertage, jede ihren eigenen Versammlungsort und jede ihren eigenen „Führer“.

Das deutsche Volk war in viele Teile auseinandergerissen worden. Es hatte das seiner würdige Feiern verlernt. Da kam 1933 der Umschwung. Der Parteienunfug hörte auf und an seine Stelle trat das Volk in seiner Gesamtheit. Man kann fast sagen, dass die Wandlung schlagartig erfolgte. – Was früher nicht für möglich galt, wurde jetzt Wirklichkeit. In Nürnberg wurden auf den Parteitagen Millionen deutscher Volksgenossen versammelt. – Andere, die nicht

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das Glück hatten, persönlich an den Feiern teilzunehmen, kamen im Rahmen von Gemeinschaftsempfängen zusammen und erlebten und feierten so das Fest mit. Dadurch wurde eine starke Verbindung zwischen allen Volksgenossen geschaffen. Man kann sagen, das ganze deutsche Volk feierte. Und es versteht zu feiern!

Man kann das Sprichwort: „Wo immer man singt, da lass dich nieder, böse Menschen haben keine Lieder“ auch hierauf anwenden. Wo Menschen so fest und kameradschaftlich zusammen sind, können sie nicht so schlecht und roh sein, wie die Deutschen vom Feind immer dargestellt werden.

Ich will damit nicht sagen, dass durch Feiern und Feste der deutsche Volkscharakter gebildet und erkannt werden kann. Aber beim Feiern, sei es auf Veranstaltungen, bei Volksfesten oder bei irgendeiner

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anderen Veranstaltung kommt doch der Gemeinschaftsgedanke zum Ausdruck. Und dieser ist notwendig für die Erhaltung des Volkes. Fehlt er, so wie es in der Systemzeit der Fall war, so würde bald wieder der gleiche Erfolg (gemeint Misserfolg) gezeitigt, wie in jenen Jahren.

Dies soll nun nicht zu dem Schluss führen, nun immer tüchtig Feste zu feiern, damit der Gemeinschaftsgedanke aufkommt. Dies ist vollkommen falsch. Die Idee muss schon im Volk drinliegen und soll nur geweckt werden dürfen. –  Sie darf eben nicht als lästig erscheinen, sondern das Volk in der Gesamtheit und eben auch jeder Einzelne muss sich bemühen, sie freiwillig sich zu eigen zu machen. Dann ist sie kein lästiger Zwang, sondern ein Vergnügen. Die Feste eben sollen nur der Ausdruck der so geschaffenen Kameradschaft und Einigkeit sein.

Der Gastgeber wusste nicht, dass zu einem geselligen Fest nicht nur Essen und Trinken gehören, sondern auch Herzlichkeit, Stimmung und viele Kleinigkeiten, von denen die Gäste selten etwas merken, die aber den ganzen Veranstaltungen den festlichen Anstrich geben.

Er veranstaltet also ein Fest bei sich zu Hause. Er lädt auch seine Freunde dazu ein und bewirtet sie nach besten Kräften.

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