Nefeli 3

Gedanken zu Nefeli

Zwischen Anpassung und Widerstand

Die Schülerin Nefeli war für uns eine sehr widersprüchliche Person. Sie stand für uns mit ihrer Verherrlichung des Führerstaates bei gleichzeitigem feministischen Vorstellungen zwischen Anpassung und Widerstand. Hier einige Überlegungen zu dieser interessanten Schülerpersönlichkeit.

Aus dem vorgelesenen Abschnitt der Abiturarbeit zum Thema „Bedarf im Staat einer Aristokratie“ wird klar, dass Nefeli der Entstehung und Bedeutung eines „Führerstaates“, wie er in Deutschland damals existierte, zustimmt. Sie benutzt NS-Vokabular (“die Auslese des Adels” ), die mit positiven Worten die Mitglieder der NSDAP Partei beschreiben sollen. Der Führer und seinen Abgeordneten werden als die „Besten“ und die Unterstützer des Volkes präsentiert, die immer die Verbesserung Deutschlands anstreben. Für diese Arbeit hat sie eine vier (4) bekommen, obwohl sie insgesamt gute sprachliche und inhaltliche Leistungen aufweist. Im Schlussteil ihrer Arbeit betont sie, dass sie “als Frau, die die Emanzipation des weiblichen Geschlechts anstrebt” auch Frauen als politische Führer begrüßen würde. So lässt sich daraus das Fazit ziehen, dass sie diese Note aufgrund ihrer emanzipierten Haltung bekam. Sie hat nämlich eine äußerst feministische Haltung geäußert, die ein Appell an gleiche Behandlung von Frauen und Männern im NS „Führerstaat“ fordert. Hier muss erwähnt werden, dass die Frauen in nationalsozialistischen Deutschland nur als Müttern Wert hatten. Sie wurden sogar als “Geburtmaschinen” bezeichnet.*

Zusammenfassend, wurde 1944 von den Schülern der DSA erwartet, positiv über NS Deutschland und den Führer zu schreiben. Alle Äußerungen, die zur NS- Ideologie nicht gehörten, wurden als Fehler betrachtet und die Schülern bekamen Punktenabzuge und folglich schlechteren Noten.

Aus Nefelis Gutachten geht klar hervor, welche Erwartungen die Schule von ihren Schülern hatte. Als erstes wird die Schülerin als „gute Kameradin“ bezeichnet, was eine typische Anrede im NS-Staat war. Es wird von den Lehrern als positiv bewertet, dass sie nicht besonders sensibel ist, aber eine sehr fleißig Schülerin ist. Jedoch, weil sie dem NS-Frauenbild nicht entsprach, hatte sie Probleme mit den Lehrern. Dies passierte aufgrund des Frauenbildes der NS- Ideologie.

Sehr auffallend ist, dass Nefeli niemals die Kriegsereignissen in ihrem Lebenslauf erwähnt. Es könnte sein, dass sie sich nicht traute über diese Ereignisse zu sprechen, weil sie Angst hatte, dass sie nicht zur Reifeprüfung gelassen wird. Oder, sie könnte die Kriegsereignissen für unwichtig halten, da sie von ihnen nicht beeinflusst wurde. Nur einmal erwähnt sie den Krieg und bezeichnet diesen als „eine schöne Abwechslung zum täglichen Schulleben“. Die DSA war, wie alle griechischen Schulen, im Schuljahr 1940/41 aufgrund des italienisch/griechischen Krieges 8 Monate geschlossen und wurde erst kurz nach dem Einmarsch der deutschen Truppen wieder geöffnet.

“Dann kam der Krieg als Abwechslung zum täglichen Schulleben […]”

Als wir in der Gruppe dieses Zitat gemeinsam gelesen haben, konnten wir nicht glauben, was wir hörten. Als Griechinnen können wir nicht nachvollziehen, wie sie, eine andere Griechin, so etwas schreiben konnte. Sie berichtet unter anderem vom Einmarsch in die Hauptstadt ihrer Heimat und das Einzige was sie kommentiert, ist, dass es eine Abwechslung von der Schule ist. Sie berichtet nicht von den griechischen Soldaten, die seit 1940 in den Bergen Albaniens kämpfen und für die Freiheit ihrer Heimat sterben. Ganz gleich ob sie dies aus Angst vor der Ablehnung ihrer Reifeprüfung schreibt, oder ob sie sich wirklich nicht für die Leiden ihrer Heimat interessiert, finden wir diese Position grausam, inakzeptabel und vor allem ignorant und unmenschlich.

✎Beitrag: Ilektra Mavridi, Aliki Portosalte, Alexandra Iliana Dimitriadi