An einem Freitag im Dezember 1939 sitzen alle Lehrer der DSA in der letzten Lehrerkonferenz des Jahres. Als der Direktor der Schule aufsteht, herrscht Unruhe im Raum. Er berichtet von der unerwarteten Entlassung der Kameradin Elisabeth von Hauff und kritisiert ihre Person.
Romain: Kameraden und Kameradinnen, wie ihr wahrscheinlich schon mitgekriegt habt, arbeitet Fräulein von Hauff nicht mehr an der Deutschen Schule Athen.“
Herr Jörg Wassermann*, der eine enge Beziehung zu Elisabeth hat, ballt wütend seine Faust. Diese Reaktion ruft einen strengen Blick beim Unterstufendirektor Dr. Mika Schuster* hervor, der neben ihm sitzt.
Romain: Es ist mir aufgefallen, dass sich viele unserer Kameraden wundern, warum ich diese Entscheidung getroffen habe. Diese Entscheidung war eine der schwersten in meiner ganzen Karriere als Direktor dieser Schule. Aber ihr könnt euch sicher sein, dass ihre Entlassung das Beste für das Wohl unserer Schule ist. In ihren Jahren bei uns hat sie sich immer wieder als unpatriotisch und parteifeindlich erwiesen. Sie war nicht nur physisch krank, sondern auch psychisch gestört, was überdeutlich wurde, als sie einen gefährlichen Hass auf mich entwickelte. Dieser Hass ging so weit, dass sie einen weit über einfache Beschwerden hinausgehenden schriftlichen Feldzug gegen mich eröffnete. Ihre Vorgehensweise war taktlos, provozierend und von einer pathologisch wirkenden querulantischen Halsstarrigkeit geprägt. Aus all diesen Gründen war ich verpflichtet, sie zu entlassen.
Einige Lehrer äußern ihre Zustimmung mit einem heftigen Applaus, der durch das Zimmer hallt. Jörg Wassermann bleibt ruhig, verloren in seinen Gedanken über Elisabeth.
Nach der Konferenz treffen sich zufälliger Weise Jörg und Mika im Lehrerzimmer und diskutieren über dieses Ereignis.
Schuster: Jörg du siehst ein bisschen aufgeregt aus…
Wassermann: Tja… (schüttelt resigniert den Kopf) Ich finde Direktor Romains Entscheidung, Elisabeth zu entlassen, irgendwie ungerecht.
S: Unfair!? War die Erklärung des Direktors nicht nachvollziehbar genug?
W: Doch, aber ein bisschen einseitig. Sie war nicht mental instabil. Vor kurzer Zeit ist ihre Schwester gestorben und sie wurde mit einer lebensbedrohlichen Blinddarmentzündung diagnostiziert. Jeder würde in so einer Situation ähnlich handeln.
S: Als Lehrerin und Vertreterin des deutschen Volkes müsste sie sich respektvoller benehmen, psychisch stärker sein und allgemein ein besseres Vorbild für das Deutsche Volk darstellen.
W: Stimmt doch nicht! Sie war immer ein gutes Vorbild, sie konnte nur wegen ihrer Krankheit nicht mehr ihren Verpflichtungen nachkommen und musste deswegen in der Schule oftmals fehlen. Hätte ihr die Partei das Geld für die Operation rechtzeitig gegeben, wäre sie ein perfektes Vorbild gewesen.
S: Du weißt genau, warum die Partei ihr das Geld nicht geben könnte.
W: Nein, das weiß ich nicht!
S: Stell dich nicht so an! Einen jüdischen Arzt zu besuchen, das ist doch eine Schande! Die Wahrheit ist, dass sie genau wusste, dass so etwas gegen die Parteirichtlinien verstößt.
W: Er ist doch der beste Arzt in Athen und das hat sogar Romain zugegeben, laut Elisabeth.
S: Glaube doch nicht jeden Blödsinn, den du hörst, besonders wenn das von einer wie der Hauff kommt.
Wassermann schweigt wütend.
S: Verstehst du das nicht!? Sie wollte unser Geld einem Juden geben – einem Untermenschen!
W: Sie hatte die Operation nötig! Du weißt nicht, wie sehr sie unter ihrer Krankheit gelitten hat… Und sie musste sowieso am Ende alles von ihrem eigenen Geld bezahlen.
S: Das rechtfertigt ihr Verhalten gegenüber der Partei und der Schule nicht! –– Außerdem hat mir Romain berichtet, dass sie den Griechen gegenüber voreingenommen ist… Und du weißt, dass unser Direktor nie lügen würde.
W: Also…Ich, ich habe so etwas nicht mitbekommen… Das einzige, was mir gesagt wurde, ist, dass sie wegen ihrer Schmerzen nicht in der Lage war, bei dem Ball mit den griechischen Kollegen anwesend zu sein.
S: Das ist nicht die ganze Wahrheit. Sie war in der Lage so stark zu sein, ihre Schmerzen während der Unterrichtsstunden zu dulden, aber wenn sie sich mit ihren griechischen Kollegen treffen soll, dann kann sie es plötzlich nicht?! Das, finde ich, verdeutlicht ihre Haltung gegenüber den Griechen.
W: (zögert) Ich sehe es anders… Die Situation ist nicht so einfach…
S: Jörg! –– Du bist immer noch der Partei treu, oder? Sollte ich mir Sorgen machen?
W: (nervös) Natürlich, wir sind Kameraden. Ich sage ja nur, dass man diese Situation von allen Seiten betrachten sollte.
S: Gut. –– „Ich hoffe, dass ich alle deine Fragen geklärt habe und … so etwas sollte nie wieder vorkommen.
W: (leise) Ja, definitiv…
Schuster klopft Wassermann freundlich auf die Schulter und verlässt den Raum.
Wassermann, der jetzt allein im Zimmer steht ,zündet sich eine Zigarette an und setzt sich langsam auf einen kühlen, metallischen Stuhl.
* Es handelt sich hierbei um fiktive Personen.