Lehrer Pöschl 2 kreatives Schreiben

Ein Brief an Dr. Viktor Poeschl

von einem fiktiven ehemaligem griechischen Schüler der DSA

Ich muss gestehen, in meiner bisherigen 11-jährigen Schulkarriere habe ich schon so manche schlimmen Lehrer ertragen müssen. Und es fing schon im Kindergarten an. Täglich wurde ich von einer Erzieherin geplagt. Mit ihrer arroganten Art schimpfte sie mich immer, meine Schnürsenkel seien mal wieder offen, ich solle nicht so herumrennen, sonst würde sie mich nicht mehr in die Pause lassen. Und auch in der Grundschule und im Gymnasium gab es keinen Mangel an schlimmen Lehrern, die einem beim geringsten Anlass demütigten.

Sie jedoch, Herr Poeschl, sind eine ganz neue Herausforderung. Mit dem nationalsozialistischen Regime hatte ich es bisher noch nicht zu tun gehabt. Auch wenn mich die Sprachen, also ihre Fächer Latein, Griechisch, Französisch und darüber hinaus auch die Philosophie, sehr interessieren, glaube ich nicht, dass es mir ein Vergnügen wäre, sie als Lehrer zu haben. Allein um als Lehrer im Ausland tätig zu sein, müssen sie Mitglied der NSDAP sein.

Dies bestätigt, dass sie der NS-Ideologie zustimmen oder sich zumindest darauf einlassen. Ich kann mir gut vorstellen, dass sich die strenge, autoritäre Art der Nazis auch in ihrem Unterricht widerspiegeln werden würde und ich habe kein Interesse, an einem Unterricht teilzunehmen, bei dem man Angst um seinen Schulabschluss haben muss, wenn man es wagt, die eigene freie Meinung zu äußern oder dem Lehrer zu widersprechen.

Wie stellen sie sich ihren Unterricht eigentlich vor? Ein Grundprinzip der modernen Pädagogik, die Mäeutik von Sokrates, Ihnen als Philosophielehrer bestimmt bekannt, ist, dass der Schüler selbst zur Erkenntnis gelangen sollte. Wie können Sie erwarten, dass Ihre Schüler Ihnen ihre nationalsozialistische Ideologie einfach nachplappern werden, wenn diese mit gesundem Menschenverstand nicht nachzuvollziehen ist? Und wenn sie den Schülern nun diese außerordentlich absurde und bestialische/ menschenverachtende Weltanschauung vermitteln, müsste dies dann wohl entweder durch monotones Nachsprechen oder unter extremem Druck passieren.

Und wer weiß, wie sie darauf reagieren würden, falls es tatsächlich jemand wagen würde, für seine Rechte aufzustehen und diese zu verteidigen. Sie sind ja schließlich Mitglied der SS! Wer der Schutzstaffel angehört, ist schließlich durch und durch von der rassistischen NS-Ideologie überzeugt. Ich will mir nicht vorstellen, wie ein Anhänger der SS mit Schülern umgehen würde, die von diesem Kurs abweichen.

Außerdem muss man hinzufügen, dass Sie es bei uns gar nicht aushalten würden, in meiner Klasse. Genauso, wie ich Sie nicht als Lehrer haben will, wollen Sie mich nicht als Schüler haben. Diese Gefühle beruhen sicherlich auf Gegenseitigkeit.

Ich glaube nicht, dass Sie ihre Superiorität durch die Anwesenheit einer „minderwertigen“ Rasse beschmutzen wollen würden. Es ist allgemein bekannt, dass „entartete“ und „minderwertige Untermenschen“ wie ich auf einer Stufe mit den Bolschewisten und anderen minderwertigen Rassen eingestuft sind.

Leider würden Sie sowieso nicht das Vergnügen haben, mich zu unterrichten. Die einzigen Fächer nämlich, in denen ich laut Ihrer Rassenüberlegenheitsdoktrin und ihren scheinbar wissenschaftlichen, unbestreitbaren, biologischen rassenkundlichen Gesetzen, etwas leisten könnte, wären Kunst und Musik. Das griechische Volk ist demnach nur in diesen zwei Bereichen zu etwas tauglich. *

Ich möchte Sie aber letztendlich nicht verurteilen und schuldig sprechen. Ich kann sie verstehen. Ihre Verachtung gegenüber den Griechen ist nachvollziehbar. Als studierter Philosoph sind sie natürlich mit Platon vertraut geworden, und anscheinend sind Sie auch von ihm irgendwie beeinflusst worden. Denn wie Platon einst sagte: „Diejenigen, die zu klug sind, sich in der Politik zu engagieren, werden dadurch bestraft, dass sie von Leuten regiert werden, die dümmer sind als sie selbst.“ Diese Haltung haben sie sich zu nutzen gemacht und sich auf Seite der Regierenden geschlagen. Chapeau!

*Basierend auf dem Kapitel „Rassekunde“ aus einem Biologiebuch aus der Zeit der NS Diktatur, Bildungsgeschichtliche Bibliothek, Berlin