Lehrer Lichtenstein Lebenslauf

Ernst Lichtenstein

Dr. Ernst Lichtenstein, geboren am 13.12.1900 in Braunsberg Ostpreußen (heutiges Braniewo, Polen) und gestorben am 20.01.1971 in Münster, war der Sohn eines Kaufmanns namens Walter Lichtenstein und seiner Frau Martha. Er studierte von 1921 bis 1927 in München, Heidelberg, Köln und Königsberg (heute Kaliningrad) Philosophie, Psychologie, Geschichte, Soziologie und Theologie. Er promovierte am 18.04.1925 in Königsberg mit einer Dissertation mit dem Titel “Die Wertprinzipien in Fichtes Geschichtsphilosophie”, die er mit „Sehr Gut“ bestand. Er gewann 1924 und 1925 den Kant-Preis in Königsberg. Nach dem Vorbereitungsdienst von 1927-29 bestand Lichtenstein sein zweites Staatsexamen. Als Studienassessor lernte er nach eigenen Angaben “zwischen 1929 und 1932 im verantwortlichen Schuldienst in Ostpreußen die verschiedensten Schularten kennen.” Dr. Ernst Lichtenstein war niemals ein Mitglied einer NS-Organisation und wurde wegen des “Arierparagraphs” verfolgt, da er ein “Mischling 2. Grades” war. Lichtenstein hatte nämlich zwei Großeltern jüdischer Abstammung. 

An der Deutschen Schule Athen arbeitete er von 1932-1935. In seinem Lebenslauf schreibt er zu seiner Entscheidung, Deutschland zu verlassen:

“Da jedoch durch die beginnende Verfinsterung der politischen Lage meine Aussichten in  Deutschland immer fragwürdiger wurden, trat ich, im September 1932 von dem Preußischen Kulturministerium auf 3 Jahre beurlaubt, in den Auslandsschuldienst  über und wurde vom Auswärtigen Amt als akademischer Lehrer an die Deutschen Schule in Athen gesandt. […]”

Obwohl er einen Rechtsanspruch auf die Ernennung zum Studienrat hatte, wurde ihm diese Position wegen des Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums verweigert. Stattdessen wurde er aus seinem Vertrag und aus dem preußischen Beamtenverhältnis ohne Bezüge entlassen.

Nach seiner Entlassung errichtete und leitete er von 1935 bis 1939 eine Sprachschule in Kavala, welche die Intention hatte, überwiegend griechischen Erwachsenen die deutsche Sprache beizubringen. Diese Sprachschule finanzierte Lichtenstein mit Hilfe der Deutschen Akademie München. Weil aber die Leitung der deutschen Akademie wechselte und der politische Kurs sich verschärfte, gab Lichtenstein die Verbindung mit der Akademie sowie seine Stelle als Lektor auf.

1939-42 arbeitete Dr. Ernst Lichtenstein an einer griechischen Hochschule für Handelswissenschaften. 1942-44 erhielt er eine Stelle im griechischen Staatsdienst als Lehrer für Deutsch an der Hochschule für Wirtschaft und Handelswissenschaften in Athen.

Seine „Familie väterlicherseits wurde fast vollständig vernichtet, [sein] Vater in den Selbstmord getrieben, [sein] Bruder zur Zwangsarbeit deportiert, seitdem vermisst, [seine] anderen Verwandten auch umgebracht, soweit sie nicht nach London und in die USA emigriert sind. […]“ Wegen seiner jüdischen Herkunft war es ihm nicht erlaubt, seine Frau Friederike, die eine Deutsche war, zu heiraten. Deswegen wurden sie von einem britischen Priester in Griechenland nach den Traditionen der englischen Hohen Kirche  verheiratet. Er bekam zwei Töchter: Elma, die am 21.05.1937 geboren wurde und Elisabeth, die am 06.09.1938 geboren wurde.

Ende ‘44 kehrte er nach Deutschland zurück. Nach dem Krieg wurde er Präsident der Gesellschaft für christlich-jüdischer Zusammenarbeit, dessen Ziel laut seiner Angaben “die erzieherische Überwindung von Vorurteilen zwischen menschlichen Gruppen ist”. Ab 1945 arbeitete Dr. Ernst Lichtenstein in München, Erlangen und Münster als Professor für Pädagogik und Philosophie. 1957 heiratete er erneut. Über den Verbleib seiner ersten Ehefrau ist uns nichts bekannt. Seine Ehefrau Prof. Dr. Hc. Ilse Lichtenstein-Rother kann mit ihren richtungsweisenden didaktischen Arbeiten zur Sachkunde als Wegbereiterin des modernen Sachunterrichts bezeichnet werden. Sie war 1981-1985 Vizepräsidentin der Universität Augsburg und starb 1991.

Insgesamt hat Lichtenstein viele wissenschaftliche Publikationen verfasst. Dabei ist uns aufgefallen, dass es oft um die Verbindung zwischen Religion, Geschichte und Erziehungswissenschaft geht. Als Beispiel führen wir untenstehend diejenigen auf, die er in seinem Lebenslauf, den er vermutlich direkt nach Kriegsende auf Englisch verfasste, erwähnt. Ernst Lichtenstein verstarb 1971. Zuletzt war er Direktor des Pädagogischen Seminars der Universität Münster.

Die Idee der Naturpoesie bei den Brüdern Grimm und ihr Verhältnis zu Werder (Dt. Vierteljahrsschrift für Literaturwissenschaft u. Geistesgeschichte VI, 3)  

“Schillers Briefe über die ästhetische Erziehung zwischen Kant und Fichte” ( Archiv f. Gesch. d. Philosophie und Soziologie, XXXIX; ½ und 3/4=)

Kurze Zusammenfassung der Ergebnisse meiner Dissertation über “Die Wertprinzipien in Fichtes Geschichtsphilosophie”    

“Zur Lektüreauswahl unter dem Gesichtspunkt des philosophischen Verständnisses auf der Schule” (Philosophie und Schule, II,⅔  ). Dazu Textprobe f. den philosoph. Unterricht.                       

“Platon und die Mystik” (Dt. Vierteljahrsschrift f. Literaturwissenschaft u.  Geistesgeschichte X,l) 

“Östliche Theophanienfeier” (Kyrios, Vierteljahrsschrift f. Kirchen-u. Geistesgeschichte Osteuropas, III,3-1938-)

Die Artikel “Bonifatius”, “Bodenstein von Karlstadt”, “Martia Crusius”, “Jek. Albrecht Bengel” und viele kleinere Beiträge in der von der Bayerischen Akademie der Wissenschaften herausgegeben “Neuen Deutschen Biographie” (im Erscheinen).

Verschiedene Artikel und Besprechungen in der Athener deutsch- und griechisch-sprachigen Tagespresse.

Quellen:

Universitätsarchiv Augsburg, Nachlass Ernst Lichtenstein 208.

Wikipedia: Ilse Lichtenstein-Rother, https://de.wikipedia.org/wiki/Ilse_Lichtenstein-Rother, aufgerufen am 29.06.2020.